Tuesday, November 3, 2020

Making Talents: Nikolas Miranda

Junge neue Talente sind sozusagen das Lebenselixier einer Branche, für die ansprechendes Design von essenzieller Bedeutung ist. Aber wie wird man eigentlich Nachwuchsdesigner? Und was treibt junge Talente an? TOP FAIR stellt im Rahmen einer Serie Nachwuchsdesigner aus verschiedenen Produktsegmenten vor und spricht mit ihnen über ihren Werdegang und ihre Projekte. Alle vorgestellten Designer stellten ihre Entwürfe und Produkte im Rahmen der Sonderschau Talents auf der Ambiente 2020 vor.

In der dritten Folge sprechen wir mit Nikolas Miranda. Er absolvierte zunächst eine Tischlerlehre und machte zwischen 2017 und 2020 eine Weiterbildung zum Designer an der HWK Münster.

: Gibt es so etwas wie eine eigene Designphilosophie und was macht gutes Design für Sie aus?
Als ich noch ein kleiner Junge war, gab es in unserer Nachbarschaft einen Mann mit krausem Haar und großer Brille, der stets auf seinem Liegefahrrad durch die Gegend fuhr. Für uns Kinder war er, der Mann mit dem ominösen Liegefahrrad, ein Erfinder. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich immer Erfinder werden. Wenn ich also an eine Designphilosophie oder gutes Design denke, ist für mich ein besonderes Merkmal die Erfindung, die hinter dem Design steckt. Die reine Gestaltung ob minimalistisch, verschnörkelt, postmodern, funktional oder ästhetisch spielt für mich keine so große Rolle, wenn eine Erfindung mit dem Design einhergeht. Mich fasziniert die Erfindung und das Neu-Denken von Prozessen, Materialien, Mechaniken, Anmutungen und und und. Den Mut zu haben unkonventionelle Entwürfe durchzuspielen, die nicht von vornherein angesehen sind oder von denen gedacht wird sie seien unsinnig oder funktionieren nicht, führen oft zu neuem Design, welches weitergesponnen womöglich die Welt positiv beeinflussen kann. Manchmal müssen die Objekte auch nicht die Welt retten, sie aber bunter und schöner zu machen, ohne dabei gleichzeitig zerstörerisch zu sein, ist ebenfalls ein großer Mehrwert.

: Haben Sie Designvorbilder im Sinne von Personen oder einzelnen aus Ihrer Sicht besonders gelungenen Designs?
Personen die ich als Designvorbilder sehe gibt es viele. Ich würde glatt behaupten, dass fast alle Menschen, die mich umgeben mich in Sachen Design inspirieren und mir ein Vorbild sein können. Das können Mitstudierende sein, die anders denken als ich; Familie, die immer eifrig mitdenkt bei eigenen Entwürfen; naive Kleinkinder, die intuitiv agieren; oder auch Menschen aller Art aus dem World Wide Web, die mir Sachen zeigen, die ich noch nicht wusste.Ein sehr gelungenes Design aus meiner Sicht ist das Herring Blade von CW&T, eine Neuinterpretation des Cuttermessers. Nicht nur die Griffschale, sondern auch die Klinge an sich wurde neu gedacht. Entstanden ist ein materialarmes, verschleißfreies und winziges Cuttermesser, welches zudem noch problemlos für den Links- oder Rechtshandeinsatz gefertigt werden kann. Mich würde es nicht wundern, wenn dieses Messer in Zukunft zurecht die unendlich vielen billigen Plastik-Cuttermesser ablöst.

: Haben Sie unter Ihren eigenen Entwürfen ein Lieblingsdesign? Also beispielsweise einen Entwurf, der besonders gelungen ist oder bei dem eine besondere schwierige Anforderung umgesetzt werden musste?
Mein Lieblingsentwurf ist das Regal „hundertzehn“ auch wenn es sich derzeit in einer noch völlig unfertigen und modellhaften Version befindet. Bei dem Regal lassen sich die Böden ohne Werkzeug und ohne Ausräumen stufenlos in der Höhe verstellen. Nur durch Zusammendrücken des Federstahls lässt sich der Boden bewegen und bleibt alleine durch Loslassen an seiner Stelle.Ich habe das Gefühl, mit diesem Regal eine kleine Erfindung vollbracht zu haben, auch wenn natürlich das Klemmen durch Federstahl alles andere als neu ist. Aber die Einfachheit und Bedienerfreundlichkeit ist in meinen Augen ein großer Mehrwert mit viel Potenzial. Ein Traum wäre es, dieses Design bis zur Perfektion zu gestalten und so irgendwann vertreiben zu können.

: Wie entstehen die eigenen Ideen? Was inspiriert Sie? Gibt es handwerkliche Präferenzen bei der Erstellung von Entwürfen (also Bleistift oder digital?)
Die meisten Ideen entstehen zufällig, also beim Spazieren gehen, im Gespräch oder während man einen Haufen Sperrmüll betrachtet. Materialien dürfen miteinander verschwimmen und auch entgegen ihrer Bestimmung genutzt werden. Regeln und Glaubenssätze dürfen gerne und oft torpediert, zerlegt und widerlegt werden. Die meisten meiner Entwürfe beginnen mit einfachen händischen Skizzen, die dann den Weg ins Digitale finden, um Details und Maße festlegen zu können. Nicht selten versuche ich mich an Sachen, von denen ich nicht weiß, wie sie auch nur irgendwie funktionieren könnten – dadurch artet der Modellbau oft ein wenig aus. Da verliert man gelegentlich den roten Faden und schlägt sich mit Detaillösungen herum oder „zerdenkt“ auch Sachen. Zeitdruck hilft mir da Entscheidungen zu treffen und auch irgendwann zu einem Ende zu kommen.

: An welchen Projekten arbeiten Sie gerade?
Zur Zeit arbeite ich mit Atelier Sänger aus Köln zusammen und entwerfe eine Stahlleuchte, welche mit Textil überspannt ist. Das Projekt bewegt sich zwischen Design und Kunst und bietet mir viel Raum Neues auszuprobieren. Es ist mein erstes Kooperationsprojekt und startete noch während des Studiums. Dass wir weiter daran arbeiten und die Leuchte auch Teil einer Ausstellung in der „Galerie Freitag 18:30“ in Aachen wird, macht mich sehr glücklich und zeigt mir, dass an das was ich tue geglaubt wird. Zudem merke ich, wie bereichernd diese Erfahrungen für mich sind und wie viel Spaß solch eine Zusammenarbeit macht!
Zudem baue ich gerade ein ehemaliges Blumenauto zu einem Wohnmobil um. Der Plan ist es, damit auf eine Art „Walz“ oder nennen wir es eher Wandergestalter zu gehen. Ich habe zwar bereits drei Jahre Studium hinter mir, aber ich habe ein großes Bedürfnis weitere Menschen und Praktiken der Gestaltung kennenzulernen. Ich will in den kommenden Monaten unabhängig von Ort und Zeit verschiedene Studios, Ateliers, Designbüros oder Designer*innen kennen lernen, um dort Praktika zu machen oder Kooperationsprojekte zu realisieren. Ich glaube, da draußen gibt es unglaublich viele talentierte Menschen mit großartigen Ideen und da sie voraussichtlich nicht zu mir kommen werden, mache ich mich auf den Weg ins Ungewisse.

Nikolas Miranda / Instagram

Webseite von Nikolas Miranda

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